Autoreninterview mit Lea Korte

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Heute folgt das angekündigte Interview mit Lea Korte. Viel Spass beim Lesen.

Hallo Lea. Vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, die Fragen der Leser zu beantworten. Wie bist du zum Schreiben gekommen? Wie alt warst du? Wann war dir klar, dass du Schriftstellerin werden wolltest?

Wie ich zum Schreiben kam? Das war ziemlich einfach: Das habe ich mit dreizehn einfach „beschlossen“ – gerade so, wie andere in dem Alter Tierarzt, Astronaut oder Bundeskanzler werden wollen. Ich war schon damals eine absolute Leseratte und dachte, es müsse toll sein, nie etwas anderes tun zu müssen, als immer nur zu lesen und zu schreiben – und das finde ich noch immer.

Wer ist dein/e Lieblingsschriftsteller/in? Wer hat dich dazu inspiriert, selbst Romane zu schreiben und wodurch?


Es gibt sehr viele Autoren, die ich mag! Bei den historischen Romanen deutscher Autoren würde ich Rebecca Gablé an erster Stelle nennen, aber ich lese genauso gern auch Romane von Andrea Schacht, Charlotte Lyne und vielen anderen. Außerdem lese ich gern Psychothriller im weitesten Sinne. Von Petra Hammesfahr habe ich bis auf zwei Romane wohl alle gelesen, derzeit stürze ich mich auf Sebastian Fitzek (wer nicht? ) und „Die Bildhauerin“ von Minette Walters halte ich ebenfalls für einen ziemlich genial gemachten Roman.
Den letzten, endgültigen Anstoß zum Schreiben habe ich wohl durch Thomas Manns Buddenbrooks bekommen. Ich fand es unglaublich, wie man nur mit Worten so starke Bilder im Leser assoziieren kann: Wenn er erzählt, wie jemand einen Stuhl bewegt, sieht man nicht nur das vor sich, sondern bekommt zugleich auch eine ganz intensive Vorstellung von der Persönlichkeit des Handelnden. Das hat mich einfach fasziniert.
Die erste Lesung, auf der ich war, war übrigens eine Lesung von Peter Härtling – dessen Stimme ich noch heute höre, wenn ich ein Buch von ihm lese. Damals war ich 15 oder 16.

Welche Bücher hast du seitdem selbst „verschlungen“?

Berge! Unser Haus ist voll von Büchern – und seit ich mit den historischen Romanen angefangen habe, ist natürlich auch noch viel Fachliteratur dazugekommen. Ich habe sicher weit mehr als 1000 Bücher – und die meisten auch gelesen.

Warum hast du gerade die Historik als Themengebiet ausgesucht? In einer Fantasiewelt kann man seinen Vorstellungen freien Lauf lassen und einiges selbst erfinden. In der Historik gilt es aber immer, sich nach den Fakten zu richten. Was reizt dich am Historischen?

Mich reizt die Mischung! Recherche zu betreiben ist für mich wie Kommissar spielen: unheimlich spannend – und der Moment, in dem man dann endlich alles gefunden hat, was man braucht, ist schon Teil des Lohns. . „Früher“ habe ich auch rein fiktive Romane geschrieben, unter einem anderen Pseudonym, aber ich finde es gerade aufregend, die historischen Gegebenheiten so mit den fiktiven Figuren zusammen zu bringen, dass es eine in sich geschlossene Geschichte gibt und – wie bei der Maurin – ich überdies noch etwas „aufzeigen“ kann: nämlich in dem Fall, dass die Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Christen (und Juden) nicht Neues sind UND man in früheren Zeiten auch schon einmal Lösungen für ein ebenso friedliches wie allseits erquickliches und förderliches Zusammenleben gefunden hat.

Wie kam es zum Buch „Die Maurin“? Wodurch bist du inspiriert worden? Was war ausschlaggebend, dass die Mauren Teil des Buches wurden?

Was hat mich inspiriert? Das lässt sich gar nicht so leicht beantworten. Ganz sicher die Alhambra, die ich zu diesem Zeitpunkt schon kannte – aber genauso wohl auch das Wissen, dass es auch in dieser Zeit schon vehemente Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen gab. Also fing ich an, mehr darüber zu lesen, und je mehr ich über diese Zeit und speziell die Mauren lernte, desto faszinierter war ich und ganz besonders eben von den Mauren.
Inzwischen muss ich sagen, dass diese Zeit wirklich meine Lieblingsepoche in der spanischen Geschichte ist, und auch meinen nächsten Roman möchte ich gern in dem Spannungsrahmen der drei großen Religionen schreiben – denn genau dieser Konflikt kocht ja nach dem Ende der Reconquista erst so richtig hoch!

Wie hast du bei diesem Roman mit dem Schreiben begonnen? Zuerst viele Fakten zusammengetragen oder doch eher „aus dem Bauch heraus“ geschrieben?

Nein, mit „aus dem Bauch heraus“ geht bei so einem komplexen Thema gar nichts. Zuerst musste ich die ganze Historie, die meinen Roman betraf und viele Jahre davor und danach sehr gründlich kennen. Ja, auch die Zeit davor und danach – denn Geschichte ist ja ein Prozess. Da reicht es nicht, sich nur Abschnitte anzusehen. Und dann habe ich mir überlegt, mit welcher fiktiven Person oder Personengruppe ich die Reconquista für den Leser erlebbar machen könnte … und hernach fing das puzzeln und bauen an …

Welche Informationsquellen hattest du für die Lebensweise der Menschen zur damaligen Zeit? Gab es handschriftliche oder andere Schriftstücke, die du für die detaillierten Beschreibungen der maurischen Regentschaft verwendet hast?

Auf Spanisch gibt es ein paar gute Fachbücher zu den Mauren, auf Französisch auch – und die habe ich vorwärts und rückwärts gelesen. Dazu habe ich dann noch einige Bücher zur Geschichte der Reconquista und des ausgehenden VX. Jahrhunderts in Spanien gelesen, Pidal, z.B.. Auf Deutsch habe ich nur recht wenig zu diesem Thema gefunden, einen Großteil dieser deutschen Bücher ich ja auch im Anhang zur Maurin angegeben.
Darüber hinaus hatte ich einen Professor und seine muslimische Frau als ständige Berater. Ein Mail oder Telefonanruf – schon hatte ich die Antwort auf Fragen, die ich nicht selbst lösen konnte. Das hat natürlich ungemein geholfen!
Und last but not least habe ich Recherchereisen gemacht, und zwar nicht nur in die Alhambra, sondern auch in all die kleinen Orte, die in dem Buch beschrieben werden. Selbst Boabdils Zufluchtsort in Almeria habe ich mir nicht entgehen lassen! Außerdem waren wir eine Zeitlang in Fez (Marokko), wohin viele Mauren aus den zurückeroberten Gebieten geflohen sind.
Im Internet findet man zwar auch viele Informationen, aber leider sind sie oft genug nicht zuverlässig, so dass ich hier immer besonders vorsichtig bin und lieber woanders nachschlage.

Wer durfte das Buch zuerst lesen?

Durfte ist gut: Außer meinem Mann, der Franzose ist und übrigens kein Deutsch spricht, habe ich „nur“ Spanier um mich herum. Da ist also bei mir immer erst die Frage: wer KANN das Buch überhaupt lesen?
Früher war meine Mutter die erste, aber sie ist leider vor zwei Jahren gestorben. Seither ist mein Agent der erste Leser, wobei er eigentlich nur den Anfang liest – oder Stücke, mit denen ich Schwierigkeiten habe. Komplett gelesen hat das Buch eigentlich nur meine Freundin aus Basel und der Professor von der Universität Cadiz, der mir stets mit Rat und Tat zur Seite gestanden hat. Er hat aber weniger auf Inhaltliches oder Stilistisches geachtet, sondern nach historischen „Fehlern“ gesucht, weil ich ganz sicher gehen wollte, dass alles historisch korrekt ist. Und nach ihm wanderte das Buch dann bald zur Lektorin durch letzten Durchsicht.
Manchmal gebe ich auch Autorenkollegen einzelne Passagen zum Lesen. Mit einigen von ihnen habe ich ein sehr enges Verhältnis und wir helfen uns gegenseitig – auch bei der Recherche übrigens. Allerdings hätten sie genau wie ich keine Zeit, ein ganzes Buch quasi Korrektur zu lesen. Schreiben ist insgesamt gesehen eine recht einsame Angelegenheit, und deswegen wundert es mich nicht, dass es so viele Autoren z.B. zu Facebook zieht.
Bei mir sind die ersten „richtigen“ Leser also schon diejenigen, die sich das Buch bei ihrem Händler kaufen.

Ist schon eine Fortsetzung von „Die Maurin“ bzw. sind weitere Bücher in Planung?


Ja, ich würde sehr gern eine Fortsetzung zur Maurin schreiben, weil die Geschichte der Mauren, wie schon erwähnt, nach dem Ende der Reconquista eigentlich noch spannender wird! Die Recherchen für ein solches Buch sind auch weitgehend abgeschlossen – und parallel dazu überlege ich derzeit, auch wieder „ein bisschen“ in einem anderen Genre zu schreibe, d.h. ich habe etwas angefangen, weiß aber selbst noch nicht, wie ernst es mir damit ist. .

Wie motiviert man sich beim Schreiben eines Buches selbst? Was machst du, um gegen ein hartnäckiges KreaTief oder eine Schreibblockade vorzugehen?

Schreibblockaden habe ich nur, wenn ich meinen Figuren etwas zugemutet habe, was ihnen nicht gefällt. Und das merke ich dann eben daran: dass es beim Schreiben nicht weitergeht. Es hemmt etwas – die Figuren selbst, die in meinem Unterbewusstsein Zeder und Mordio schreien. Da hilft nur eines: sich hinsetzen und überlegen, wo der Fehler ist. Manchmal führe ich schriftliche Dialoge mit den Figuren, dann schaue ich mir meine Planung an und überlege, wo ich abgewichen bin und ob da der Fehler liegen könnte – und wenn gar nichts mehr hilft, lege ich das Ganze meinem Agenten vor. Da der mehr Abstand zu meinem Text hat, kann er mir meist recht schnell sagen, wo was falsch gelaufen ist. Bei der Maurin kam dies ein Mal vor. Im Endeffekt musste ich dann 100 Seiten wegwerfen – und danach lief es endlich wieder!
Motivation an sich fehlt mir beim Schreiben nie: Ich will ja schreiben! Außerdem habe ich einen Vertrag und in dem steht ein Datum drin – und an dem Tag muss das Buch fertig sein. Da hilft schon auch das Adrenalin, dass man bei der Stange bleibt..

Hast du bestimmte „Arbeitszeiten“, in denen du schreibst, z.B. eine bestimmte Seitenzahl pro Tag/Woche oder teilst du das beliebig ein?

Sobald die Kinder aus dem Haus oder anderweitig beschäftigt sind (oder einfach auch mal morgens länger schlafen), sitze ich vor dem PC und arbeite. Dass ich abends nach dem Abendessen arbeite, kommt zwar auch vor, ist aber eher selten, weil ich danach so „aufgedreht“ bin, dass ich nicht mehr schlafen kann. Für einen historischen Roman setze ich mir pro Tag das Ziel von sieben Seiten – und ehe es die nicht geschrieben sind, ist mein Arbeitstag nicht zu Ende. In der Regel schaffe ich die auch „beizeiten“; manchmal auch erst in der letzten halben Stunde. Außer den sieben neuen Seiten korrigiere ich immer wieder das in den letzten Tagen Geschriebene – was eigentlich die meiste Zeit in Anspruch nimmt.

Wie viele deiner Familienangehörigen, Freunde und Bekannte hast du nach Rat und Meinung gefragt?

Eigentlich gar keine, bzw. nur einen Schweizer Freund wegen des ersten Kapitels, das ich sicher hundert Mal umgeschrieben habe. Beim Schreiben einen guten Rat zu bekommen, ist auch gar nicht so einfach: Man braucht ja jemanden, der weiß, wovon er spricht – und das müssen eigentlich schon Leute „vom Fach“ sein – oder sehr, sehr bewusste Leser. Es hilft nämlich nicht, wenn jemand sagt: „Ach, ich weiß nicht, das finde irgendwie langweilig“ – sondern man muss zugleich jemanden haben, mit dem man dann mögliche Alternativen diskutieren kann, der Fantasie hat, einem Anregungen geben kann … und solche Menschen sind (in meinem direkten Umfeld) spärlich gesät, weil eben kaum jemand Deutsch spricht.
Wen ich dagegen in Sachfragen sehr viel um Rat gefragt habe, war, wie gesagt, Prof. Dr. Jordi Aguadé von der Universität Cadiz und seine Frau – die beiden waren ein Geschenk des Himmels!

Wie verlief deine „Anfangsphase“ als Schriftstellerin? Hast du deine Manuskripte einfach an verschiedene Verlage geschickt, oder wie hast du letztendlich den Durchbruch geschafft? Kannst du generell ein paar Tipps für „Neulinge“ geben?


Ich hatte ein Riesenglück: Gleich der erste Agent, dem ich ein Probemanuskript vorgelegt habe, hat mich unter Vertrag genommen – und ich bin noch heute bei ihm. Den direkten Kontakt mit dem Verlag hatte ich also in der Art, wie ihn viele andere Autoren haben, eigentlich nie. Das wäre vor allem in der Anfangszeit – vor 15 Jahren lief ja noch gar nichts über Internet – auch von Spanien aus gar nicht gegangen.
Tipps für „Neulinge“ kann ich trotzdem geben: Ganz wichtig ist, sich immer wieder in Frage zu stellen – und von anderen Autoren zu lernen. Wenn ich ein Buch, einen ganzen normalen Roman, gelesen habe, ist er voller Notizen und Anmerkungen. Bewusstes Lesen ist wichtig; Bücher verschlingen dürfen nur die Leser. Ebenso wichtig ist Ausdauer, Disziplin und Fleiß. Hört sich langweilig an, ja, aber ohne kommt man nicht weit. Sehr hilfreich sind Autorenvereinigungen, aber die nehmen nur sehr selten Schreibanfänger auf. Leider einerseits, notwendigerweise andererseits. Allerdings findet man in vielen Städten kreative Schreibgruppen, wo man sicher auch Impulse bekommen kann. Und dank Facebook kann man ja viele alte Schreibhasen heute direkt ansprechen. Ich denke mal, die meisten geben sicher sehr gern Auskunft.
Was ebenso wichtig ist, ein Manuskript in der Form anzubieten, wie es der Lektor im Verlag sehen will – als Normseite! (30 Zeilen à 60 Anschläge, 1 ½ oder 2 Zeilen Abstand, Times New Roman oder Courier New 11 z.B.) Das hört sich banal an, aber leider werden Texte oft genug in so abstrusen Darbietungen angeboten, dass man sich nicht wundern darf, dass ein Lektor sich nicht die Mühe macht, es zu lesen. Bevor ich nach Spanien gegangen bin, habe ich lange Zeit bei einer Literaturzeitschrift mitgearbeitet und da das gleiche Phänomen erlebt: handgeschriebene oder eng zusammengepferchte Zeilen … Lektoren sind Leute, die viel lesen müssen – und das sollte man ihnen so angenehm wie möglich machen. .

Wie vermeidet man während des Schreibens Wörter zu oft zu wiederholen? Nutzt du dafür ein Synonym-Wörterbuch, oder fällt dir immer spontan ein Synonym ein? Ich selbst habe oft dieses Problem z.B. wenn ich Rezensionen schreibe.

Das ist gar nicht so einfach. Ich lese meine Texte immer wieder und finde jedes Mal andere Dinge, die zu ändern sind! Oft ist es auch gar nicht damit getan, nur ein Synonym zu finden. Manchmal muss man eine ganze Szene daraus machen, damit ein wirkliches Bild entsteht. Auf meinem Schreibtisch stand über Jahre ein Merkzettel: „Wenn ein Mann aus einer Bank geht, ist das eine Geschichte – wenn er aus der Bank rennt, eine andere.“ Das hört sich simpel an – ist es aber nicht.
Man muss sich wirklich ganz genau überlegen, was man eigentlich sagen will, und erst wenn man das ganz klar vor sich sieht, fällt einem auch das richtige Wort ein. Manchmal hat man das Glück, und ein Synonymenbuch hilft einem dabei: Dann sieht man das richtige Wort und weiß plötzlich, was man sagen will, aber in der Regel ist es eher umgekehrt.
Was ich auch mache, ist, wie oben schon erwähnt, bewusst lesen. Wie beschreibt ein anderer Autor welche Szene, wie lässt er seine Figuren reden, lieben, weinen, schreien … Und es sind eben oft nicht einfach nur Worte, sondern halbe Sätze oder ganze Satzkonstruktionen, die dazu führen, dass sich vor unseren Augen und denen des Lesers ein Bild auftut.

Liebe Lea (Korte), vielen Dank für dieses interessante Interview. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg und tolle Inspirationen für deine Arbeit.

Wer möchte kann Lea Korte auch auf ihrer Webseite bzw. ihrem Blog besuchen.

Kategorie: Bücher | Tags: ,

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